Reisebericht Nordschweden 2006 Teil 1

Antworten
Nachricht
Autor
gast

Reisebericht Nordschweden 2006 Teil 1

#1 Beitrag von gast » 5. Sep 2006, 12:02

Der heiße Sommer 2006 lässt uns von Schwedens endlosen kühlen Wäldern und den unzähligen
glitzernden Seen - es sollen etwa 96 000 sein - träumen und es ist für uns klar: Auch 2006 geht
es "schon wieder nach Schweden"! Unser Ziel ist diesmal der etwa 500 km lange "Vildmarksvägen"
(Wildnisstraße) in Nord-Schweden. Diese Straße windet sich von Strömsund/Jämtland nordwärts,
dicht an der Norwegischen Grenze vorbei, durch Süd-Lappland über das Hoch-Gebirge nach
Stekenjokk und über Vilhelmina wieder zurück nach Strömsund.

Am Sonntag, dem 13. August ist es soweit. Bei leichtem Regen sind wir in einer guten Stunde
in Puttgarden an der Fähre (56 Euro bis 6 m). Durch Dänemark wie gewohnt auf der E 47.
Diesmal fahren wir aber nicht über die Öresundbrücke nach Malmö, sondern folgen der E 47 weiter
nach Helsingör. Dass das keine so gute Idee war merken wir, als wir kurz vor Kopenhagen wegen
einer Großbaustelle über eine Stunde im Stau stehen.....aber wir haben ja Urlaub und das Wetter
ist inzwischen auch besser geworden.
In Helsingör geht es dann auf die Fähre (umgerechnet 35 Euro) nach Helsingborg. Gerade in dem
Augenblick als wir von der Fähre runter am schwedischen Zoll vorbeifahren, kommt unser Hund
vorne aus seinem Korb hoch und sieht dem Zöllner direkt in die Augen.
Na da ist alles klar! Wir werden aus der Schlange rausgewunken, müssen rechts ranfahren und
die Papiere für den Hund vorzeigen! Nach eingehender Prüfung dürfen wir dann endlich in Schweden
einreisen. Wir schlängeln uns durch die Stadt, fahren ca. 20 km auf der E 4 bis Ö.-Ljungby und von
dort auf schmalen Straßen noch etwa 25 km bis zum Västerjön. Gegen 18 Uhr finden wir an seinem
Ufer einen schönen ruhigen Platz für unsere erste Übernachtung in unserem Lieblingsland Schweden.

Bild

Montag
Am Morgen begrüßt uns leichter Nieselregen, der aber etwas später aufhört. Gegen 10 Uhr brechen
wir dann auf. Zunächst noch auf schmalen Straßen bis Växtorp. Hier müssen wir tanken und
bezahlen für 40 Liter Diesel 457 SEK. Diesel kostet in Schweden umgerechnet im Durchschnitt
1,23 Euro je Liter. Weiter geht´s zur E 6 und auf ihr ein Stück bis Halmstadt. Hier wechseln wir auf
die 26 und folgen ihr in Richtung Vännern. Langsam klart das Wetter auf und ab Skövde scheint
wieder die Sonne. In Mariestad haben wir den Vännern erreicht und der Stellplatz in Sjötorp ist
unser heutiges Ziel. Hier beginnt der Göta-Kanal, der ein Teil des 614 km langen Wasserweges ist,
der Stockholm mit Göteborg verbindet. Der Stellplatz am Hafen direkt an der Schleuse ist recht gut
besucht. Mit 100 SEK (umgerechnet fast 11 Euro) pro Nacht ohne Strom aber nicht unbedingt billig.
Stromanschluss soll 40 SEK kosten, worauf wir dann aber verzichten.
Für den Platz spricht die schöne Lage und die sehr saubere Sanitäreinrichtung mit kostenloser
Dusche (warm) und Waschmaschinen- und Trocknerbenutzung, ebenfalls im Preis inbegriffen.
So gesehen ist der Preis vielleicht gerechtfertigt, aber wer braucht schon Waschmaschine und
Trockner auf einem Stellplatz?
Nach einem Spaziergang entlang des Götakanals können wir am Abend noch draußen vor dem
Wohnmobil sitzen und den Sonnenuntergang über dem Vännern bewundern.

Bild

Bild

Dienstag
Das schöne Wetter ist erst einmal wieder vorbei. Der Himmel ist bewölkt und als wir nach dem
Frühstück den Platz verlassen, regnet es. Auf der 26 geht es über Kristinehamn - Filipstad -
Vansbro und Gävlunda immer nach Norden. Gute 100 km weiter, ab Filipstad, hört der Regen auf.
Mittag machen wir an einem neuangelegten Badeplatz mit Blick auf einen schönen See. Der Platz
ist sehr gut zur Übernachtung geeignet und ich zeichne ihn auf der Karte für spätere Touren ein.
Zwischen Gävlunda und Mora finden wir einer sehr schönen und ruhigen Platz am Jugan zum
Übernachten. Wir kommen bei strahlendem Sonnenschein an und können später statt des
obligatorischen Sonnenunterganges mal einen Mondaufgang über dem spiegelglatten See bewundern.

Bild

Bild

Bild

Mittwoch
Nach einer sehr ruhigen Nacht ist es am Morgen etwas windig und dichter Nebel liegt über dem
See. Wir fahren jetzt auf der 45 - dem "Inlandsvägen" - weiter nach Norden über Mora - Orsa und
Ytterhogdal. Kaffeepause machen wir am Asanforsen und bestaunen die kunstvoll aufgesetzte
alte Natursteinbrücke.

Bild

Bild

Etwa 40 km vor Östersund am Storsjön biegen wir von der 45 ab und haben bald den 548 Meter
hohen Hoverberg, der auf einer Halbinsel im Storsjön liegt, vor uns. Im 2. Gang schnaufen wir die
ziemlich steile Schotterstraße bis zum Parkplatz auf dem Gipfel hoch. Hier oben gibt es ein Cafè,
das natürlich jetzt in der Nachsaison längst geschlossen hat, und einen Aussichtsturm mit einem
grandiosen Ausblick über den Storsjön.

Bild

Bild

Hier in der Tiefe des Storsjön soll es ein Seeungeheuer geben. Im Laufe der Jahrhunderte ist das
Storsjö-Ungeheuer den Menschen der Umgebung mehrmals vor Augen gekommen. Es gibt 200
Berichte von glaubwürdigen Personen. Die Augenzeugen wollen ein schlangenartiges Geschöpf
mit Buckeln, einem kleinen hundeähnlichen Kopf und Halsflossen gesehen haben. Die Länge
variiert zwischen 3,5 und 14 Metern. Acht Beobachtungsplätze sind rings um den großen
Storsjön eingerichtet worden. Der Turm auf dem Hoverberg ist einer davon.

Bild

Hier oben sind wir ganz allein und richten uns für die Nacht ein. Später klettere ich noch einmal
auf den Turm. Leider kann auch ich kein Foto von dem Ungeheuer machen, dafür aber von
einem schönen Sonnenuntergang.

Bild

Donnerstag
Nebel, der den Storsjön vor unseren Blicken versteckt, und einsetzender leichter Nieselregen
macht es uns leichter diesen schönen Übernachtungsplatz zu verlassen. Auf einer Nebenstraße,
die am Ufer des Storsjön entlangführt, geht es bis Ytteräng. Von da ein Stück auf der E 14 in
Richtung Norwegen. Bald verlassen wir die Schnellstraße wieder und finden nach etwa 25 km
wieder einen ruhigen Übernachtungsplatz am Alsensjön. Ein schöner idyllischer Badeplatz
mit Toilette, Spielgeräten und Grillplatz mit Holzvorrat - eben typisch schwedisch!

Bild

Bild

Freitag
Heute haben wir etwas länger geschlafen und fahren erst gegen 11 Uhr ca. 6 km weiter bis Glösa.
Hier folgen wir den Hinweisen"Glösa Hällristningarna" bis zum Parkplatz im Wald. Nach einem
kleinen Fußmarsch finden wir die 6000 Jahre alten Felszeichnungen im Glösabäcken. Die Elche
und anderen Figuren im Flussbett sind mit roter Farbe nachgemalt worden und die Deutung der
Bilder kann man deutschen Info-Blättern entnehmen. Auch einige originalgetreu nachgebaute
Behausungen und ausgegrabene Gebrauchsgegenstände geben einen interessanten Einblick
in das Leben der Steinzeitmenschen vor 6000 Jahren.

Bild

Bild

Weiter geht es auf der fast autoleeren Straße zu unserem nächsten Ziel, dem Orchideensumpf
von Forsasen. Ein Bohlenweg führt vom Parkplatz durch das Naturreservat. Obwohl wir hier mitten
im Sumpfgebiet sind, gibt es erstaunlich wenig Mücken. Dank Autan bleiben wir daher unzerstochen.
Von den 10 hier vorkommenden wild wachsenden Orchideen-Arten sehen wir noch einige zu dieser
Jahreszeit blühenden Exemplare.

Bild

Bild

Am frühen Abend finden wir dann wieder einen schönen zur Übernachtung geigneten Badeplatz am
Laxjön, mit der landestypischen üppigen Ausstattung.

Sonnabend
In der Nacht wurde ich wach weil es recht kalt geworden war, so dass ich zum ersten Mal unsere
Heizung anstellen musste (das blieb aber auch das einzige Mal auf dieser Tour).
Bei wolkenlosem Himmel geht es gegen 10 Uhr weiter bis Strömsund. Hier tanken wir noch einmal,
ergänzen unseren Wasservorrat und entsorgen an der Tankstelle. Hier beginnt der "Vildmarksvägen".
Es gibt unterwegs einige Tankmöglichkeiten, doch sollte man dann Hundertkronen- und/oder
Zwanzigkronenscheine dabei haben. Es sind fast ausschließlich Tankautomaten, die nur Tankkarten
oder Geldscheine akzeptieren. Zunächst fahren wir ein Stück auf der 45 bis Lövberga und biegen
dann ab auf eine Schotter-Waschbrettstraße, die etwa 20 km immer am Ufer des Flasjön
entlangführt bis zur 342. Auf halber Strecke machen wir einen kleinen Abstecher und besichtigen
ein altes wassergetriebenes Sägewerk.

Bild

Die 342 ist eine sehr verkehrsarme Asphaltstraße, die etwa 100 km bis nach Gäddede und weiter
über die Grenze nach Norwegen führt. Wir fahren auf ihr noch 10 km bis zu unserem heutigen
Nachtquartier, dem sehr schön direkt am Flasjön gelegenen "Naturcamping Gubshögen". Dieser
sehr geräumige ebene Platz lässt kaum Wünsche offen. Es gibt hier Stellplatzbuchten mit
Feuerstellen inklusive Brennholz, Badesteg, Trocken-Klo, eine Küche mit Wasser und einem Herd
mit Brennholz, überdachte Grillplätze, Schutzhütte und Picknickbänke - allerdings kein Strom.
Das Schönste aber ist der Preis: Es wird um eine kleine Spende für die Erhaltung und Pflege des
Platzes gebeten. Gegen Abend treffen dann nacheinander noch drei Womos ein: zwei Deutsche
und ein Schwede.

Bild

Sonntag
Der Wettergott meint es sehr gut mit uns und, nachdem wir unseren Obolus für die Übernachtung
in die Dose gesteckt haben, fahren wir bei herrlichem Wetter weiter nach Norden. Das Gelände
wird langsam hügeliger, überall blühen die Weidenröschen und vor uns sehen wir bewaldete Berge.
Wir durchqueren Gäddede auf der 342 in Richtung Norwegen und biegen kurz darauf auf eine
20 km lange einspurige Schotterstraße mit Ausweichbuchten ab, die uns zum Hällingsafallet,
einem 800 Meter langem Canyon mit 50 bis 60 Meter hohen Felswänden, bringen wird.
Schwedische Schotterstraßen sind in der Regel recht gut befahrbar. Nur wenn es regnet, oder
gerade geregnet hat, sehen die Fahrzeuge nach der Fahrt aus, als wenn sie an der Rallye
Paris - Dakar teilgenommen hätten. Nach nur wenigen Kilometern auf dieser Straße, finden wir
einen schönen Picknickplatz mit einem herrlichen Blick über den Hegeltörn.

Bild

Nach dem Mittagessen bewältigen wir den Rest der schmalen Schotterstraße in angemessenem
Tempo und stehen bald auf dem Waldparkplatz am Hällingsafallet. Am Parkplatz kann man das
Rauschen des Wasserfall schon hören. Nach kurzem Fußmarsch stehen wir am oberen Rand
des Canyon und sehen die Wassermassen, die sich aus 45 Metern Höhe in die Tiefe stürzen.
Auf gut gesicherten Wegen und Aussichtsplattformen können wir dieses Naturschauspiel bewundern.
Wir gehen noch ein gutes Stück den Weg, der durch den durch die hohe Luftfeuchtigkeit begünstigten
dichten Bewuchs von Moosen, Farnen und Flechten führt, am Canyon entlang, bevor wir dann auf
dem gleichen Weg wieder zum Parkplatz zurückkehren.

Bild

Bild

Abends ist es sehr einsam hier am Waldrand und wir denken daran, daß das hier das bärendichteste
Gebiet Schwedens ist. Auch Luchs, Wolf und Vielfraß sind hier zu Hause. Aber die Wahrscheinlichkeit
eines dieser Tiere zu Gesicht zu bekommen ist sicher noch geringer als ein Lottogewinn.
Wir haben jedenfalls gut geschlafen wie die Murmeltiere.
Zuletzt geändert von gast am 6. Sep 2006, 13:07, insgesamt 1-mal geändert.

Müllersduc
Junior Member
Beiträge: 79
Registriert: 12. Jul 2006, 08:43

#2 Beitrag von Müllersduc » 5. Sep 2006, 13:21

Hallo Gast,

Klasse Reisebericht und super schöne Bilder! Da bekommt man dirtekt Lust wieder loszufahren ;-)

Uns zieht es ja eigentlich in südlichere (wärmere) Gegenden, aber wenn ich solche Berichte lese..........
Gerd

Benutzeravatar
Dakota
Gründungsmitglied
Beiträge: 7659
Registriert: 2. Jul 2006, 12:44
Wohnort: hessische Bergstrasse

#3 Beitrag von Dakota » 6. Sep 2006, 13:03

Moin Gerhard,

:daumen

....danke für diesen tollen Reisebericht
Gruß Klaus

...where the road ends, life begins :mrgreen:

Antworten